Reisebericht: Antarktis Expedition mit Hapag Lloyd Cruises

Pioniertage im Reich der Pinguine

Große Expeditionsroute intensiv

»Man stelle sich ein Land vor, so groß wie Australien und Europa zusammen. Sonniger als Kalifornien und doch kälter als das Gefrierfach eines Kühlschranks. Trockener als Arabien und höher als die bergige Schweiz. Leerer als die Sahara. Es gibt nur einen Ort auf der Welt, auf den diese Beschreibung zutrifft. Die Antarktis – dieser fremde, aber wunderschöne Kontinent im untersten Teil der Erde.« Joseph M. Dukert (aus: Christian Walter: Antarktis)

27. Januar 2023 - Start in Ushuaia

Am Freitag den 27. Januar 2023 hieß es am Abend gegen 18:00 Uhr „Leinen los“ in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, am untersten Zipfel von Südamerika. Es war der Beginn einer faszinierenden Reise in die Antarktis. Bevor es aber auf der insgesamt 2,5 wöchigen Reise ins ewige Eis gehen würde, ging die Fahrt erst einmal über die Falkland Inseln und die subantarktische Insel Südgeorgien.

Der erste Seetag war wunderbar zum Eingewöhnen auf dem kleinen Expeditionsschiff. Gerade einmal 194 Gäste waren wir an Bord, welches von der Größe her bei anderen Reedereien locker 500-600 Passagiere aufnehmen würde. Nicht aber bei Hapag Lloyd Cruises. Hier werden bewusst maximal 199 Passagiere mit auf Expeditionen in die Antarktis genommen, um das maximale Erlebnis zu ermöglichen, denn pro Anlandung dürfen immer nur 100 Gäste gleichzeitig an Land sein. Am Vormittag gab es die Gummistiefel und warme Parka für die Gäste und am Nachmittag erfolgte bereits die Zodiac Einweisung durch den Staff Kapitän und die ersten Informationen zu den Stopps auf den Falkland Inseln. Ansonsten spielte das Wetter mit und man konnte die Sonne an Deck genießen, das Schiff erkunden und sich einfach entspannen nach der langen Anreise über Buenos Aires.

29. -30. Januar 2023 - Falkland Inseln

Entgegen vieler anderer Routen war auf unserer Intensivreise nicht nur die Hauptstadt Stanley ein Stopp, sondern auch Landungspunkte wie West Point und Carcass Island.

In West Point geht es zu Fuß gut eine halbe Stunde quer über die Insel bis man die Felsenpinguine und Albatrosse erreicht. Wir sind einfach nur überwältigt. Es geht zu wie in einem Taubenschlag. Albatrosse kommen vom Meer zurück und versuchen fast vergeblich, punktgenau auf ihrem Nest zu landen. Vielfach wird erneut durchgestartet, und wenn ein Landeplatz angesteuert wird, kommt im letzten Moment doch noch ein Nachbar dazwischen geflogen, oder ein Felsenpinguin watschelt des Weges. Die haben nämlich auch viel zu tun, ihre kleinen Schreihälse zu versorgen. Unglaublich, was diese kleinen Tiere mit den großen Füßen an Höhe zurücklegen müssen, damit sie die Brutkolonie erreichen. Die Felsenpinguine werden im englischen auch „Rock Hopper“ genannt und wenn man sieht wie weit diese Pinguine, Stück für Stück die Felsen hoch springen um vom Wasser aus zur Kolonie zu kommen, weiß man auch warum sie Rock Hopper genannt werden.

Am Nachmittag erwartete uns auf Carcass Island ein fast schon karibischer Sandstrand und eine Wanderung zu einer typischen falkländischen Farm. Dort angekommen wurden wir vom Besitzer Mr. Gills mit Tee und selbstgebackenen Keksen empfangen.

Unseren 2. Tag auf den Fakland Insel verbrachten wir in Stanley und wer mochte fuhr auch zur nahegelegen Gypsy Cove hinaus, aber ehrlich gesagt hauten uns die paar Pinguine dort nicht mehr vom Hocker, nach dem spektakulären Tag zuvor. Viele Gäste verweilten einfach nur in Stanley, kauften Souvenirs und begaben sich das letzte Mal in eine Bar oder ein Restaurant in der „Zivilsation“.

Es folgten 2 Tage auf See. Das Wetter war mäßig und hier und da merkte man den Seegang. Es war die längste Strecke ohne Land die wir zurücklegen mussten. Wir passierten in sicherer Entfernung die Shaq Rocks und am 2. Seetag gab es die ersten paar kleinen Eisberge zu sehen. Unser Ziel war die gut 160km lange Insel Südgeorgien. Ein heute streng geschütztes Naturparadies, welches früher als Ausgangspunkt für Entdecker, Forscher, aber auch Walfänger diente.

Auf dem Weg nach Südgeorgien darf auch ein Mann nicht fehlen, der nicht nur auf Südgeorgien Geschichte geschrieben hat – Sir Ernest Shackleton. Seine Endurance Expedition, die sicherlich zu einer der eindrucksvollsten und unglaublichsten Expeditionen der Antarktis gehört, hat Geschichte geschrieben. Als charismatischer Mann, immer auf das Wohl seiner Mannschaft achtend, hat er eine Sonderrolle in diesem heroischen Zeitalter eingenommen. Einem Zeitalter, in dem es hauptsächlich darum ging, höher, schneller und weiter als die Vorgänger zu sein. In seinem Vortrag »Der legendäre Boss – Shackletons Antarktisfahrten« berichtet unser Expeditionsleiter Arne Kertelhein mit viel Witz und Humor aus dem Leben dieses Mannes, das untrennbar mit Südgeorgien verbunden ist und auf dessen Spuren wir uns noch so manches Mal auf der Reise begeben werden.

Wer mehr über die legendäre Endurance Expedition erfahren möchte, sollte sich unbedingt die verlinkte Doku ansehen. https://www.youtube.com/watch?v=YzA6msnWB-Q

02.-04. Februar 2023 - Südgeorgien

Am 2. Februar erreichten wir am frühen Morgen Südgeorgien und unsere erste Anlandung wurde Salisbury Plain. Das Wetter war sehr besch… bescheiden, aber die 2. größte Königspinguinkolonie der Insel machte alles wett. Dieses Spektakel ist unvergesslich. 60.000 Pinguinpaare die ihren Nachwuchs großziehen. Wir können uns gar nicht losreißen, müssen uns irgendwann jedoch sich auf den Rückweg zur Landestelle machen, denn unser Expeditionsleiter ruft zum Aufbruch. Außerdem haben wir noch einen Plan für den Nachmittag. Es soll in die POSSESSION BAY gehen, und wir sind gespannt, was uns dort erwartet.

Leider verschlechtert sich das Wetter, der Wind ist einfach zu stark. Kapitän Axel Engeldrum entscheidet, die Anlandung in der Possession Bay abzusagen. Stattdessen will er mit dem Expeditionsleiter einen neuen Plan schmieden. Es wäre keine Expedition, wenn man nicht doch noch eine Alternative findet, und so macht sich die HANSEATIC spirit auf nach Husvik, einer Bucht am nördlichen Ende der Stromness Bay. Schon von Weitem sehen wir die verrosteten Tanks der früheren Walfangstation – einer der sieben Stationen, die Anfang des 20. Jhd. auf Südgeorgien gebaut wurden, um die getöteten Wale im großen Stil zu verarbeiten.

Die Anlandung bei Hussvik ist kurz. Wir sehen die ersten Seeelefanten, lernen etwas über die Geschichte des Walfangs und zu guter Letzt nimmt der Kapitän zwei Forscher mit an Bord, die am Folgetag in Grytviken wieder aussteigen werden. Wäre unser geplanter Stopp in der Possession Bay nicht ausgefallen, hätten die Forscher ggf. noch mehrere Tage oder sogar Wochen auf ein anderes Schiff warten müssen, welches eventuell nach Husvik gekommen wäre.

Bevor wir allerdings in Grytviken am nächsten Nachmittag ankommen sollten, machten wir einen Stop in der Fortuna Bay. Über Nacht hatte sich das Wetter gebessert und uns erwartete der vielleicht sonnigste Tag (wenn auch mit sehr kaltem Wind), aber die Bilder sprechen für sich. Wir haben sogar Glück und sehen noch einige Pinguinpaare die ihr Ei noch ausbrühten. Auch hier fiel es schwer wieder zu gehen, aber die strengen Naturschutzgesetze erlauben keinen langen Aufenthalt im Tierparadies.

Am Nachmittag erreichen wir Grytviken, den einzigen „bewohnten Ort“ der Insel. Eigentlich ist es wie ein großes Freilichtmuseum, inkl. Post Office, kleiner Kirche, Museum und einem Friedhof, wo auch der „legendäre Boss“ Sir Ernst Shackelton“ begraben liegt. Um dort hinzugelangen muss man aber erstmal an zahlreichen Seeelefanten vorbei.

Zum Abend hin hatte der Wind stark aufgefrischt mit teilweise orkanartigen Böen, die das Meer ordentlich aufwühlten. Die Zodiakfahrer zeigten Ihr ganzes Können und brachten uns zurück an Bord. Unser Kapitän Axel Engeldrum gibt über den Bordlautsprecher bekannt, dass der Wind mit fast 70 Knoten wirklich heftig war. Es sind schließlich 120-130 Stundenkilometer.

Eigentlich wäre hier die Reise auf Südgeorgien bereits vorbei, aber da wir die Intensivreise gewählt haben, steht ein dritter Tag auf der Insel an, wobei viele andere Reisen nur 2 Tage dort verbringen.

Der 3. Tag begann mit einer Absage von Gold Harbour, denn der Wind hatte immer noch nicht abgeflacht und auch die Nacht haben wir an Bord noch den Seegang zu spüren bekommen. Es wird also ein Tag, wo man nicht so früh aufsteht und ein entspanntes, lange Frühstück genießen kann. Gegen Mittag steuert der Kapitän Jason Harbor an. Wenn man nicht dabei war, glaubt man es anhand der Fotos nicht, aber tatsächlich lag zwischen den paar Stunden auf See ein kompletter Wetterumschwung. Morgens „Land unter“ und Mittags blauer Himmel bei 9 Grad Celsius, was man dort unten tatsächlich als warmen Sommertag bezeichnen kann.

Im etwas erhöhten Hinterland von Jason Harbor finden wir dutzende Seeelefanten, die sich dort in den mit Wasser gefüllten Gumpen ziemlich wohl fühlen. Das Wasser kühlt die juckende Haut und noch dazu kann man sich an den Erdwänden ordentlich schubbern. Auch sie müssen 3-4 Wochen von ihren Energiereserven zehren, denn wie die Pinguine, sind Seeelefanten auch nicht in der Lage, während des Fellwechsels im Meer auf Futtersuche zu gehen. Insgesamt ein schöner Abschluss von dieser unwirklichen Insel mitten im Südatlantik. Unglaublich, dass wir schon 1 Woche unterwegs waren. Die Eindrücke reichten jetzt schon für einen 30 Tage Jahresurlaub.

05.-06. Februar 2023 - weiter in den Süden

Wir haben Kurs auf die Südlichen Orkneys genommen, und so liegt ein gemütlicher Seetag vor uns. Dachten wir jedenfalls… Während der Nacht nach Jason Harbor haben die Wellen deutlich zugenommen, und haben sich am Morgen auf stolze fünf Meter aufgebaut. Die Nacht war für einige Gäste etwas mühsam, und den ein oder anderen hatte die Seekrankheit erwischt.

Montag: 6. Februar

Der Tag beginnt deutlich früher als erwartet. Mit ruhiger Stimme holt uns unser der Kapitän gegen 05:33 Uhr aus dem Schlaf. Es werden Wale gesichtet. Eigentlich nichts besonderes auf einer Expedition in die Antarktis und Durchsagen für Walsichtungen werden auch zu „unangenehmen Zeiten“ gemacht, aber morgens halb 6 Uhr war äußerst untypisch. Es musste also etwas besonderes sein, also Kamera geschnappt, dick angezogen und ab an Deck bzw. nach vorne auf den Spirit Walk, denn nach Aussage des Kapitäns sollten es VIELE Wale sein.

Wir hatten keine Vorstellung, was viel bedeutete, aber was wir gesehen haben, war phänomenal. Es müssen mindestens 150 – 200 Tiere gewesen sein, denn das Schiff ist umgeben von Finnwalen, die ungestört um uns herumschwimmen, vorbeiziehen oder sich uns anschließen. Unser Staff Kapitän Claas Fischer musste sogar die Maschinen stoppen, weil er gar nicht mehr wusste, wohin er fahren sollte. Diese zweitgrößten Säugetiere der Welt sind zwar nicht so neugierig, wie die Buckelwale, die sich häufig neugierig dem Schiff nähern, aber sie ziehen ihrer Wege, und wir dürfen sie dabei ein Stück begleiten. Das gesamte Schiff ist hellwach. Gäste und Crew stehen an Deck. Eine Trennung zwischen Gästebreich und Crewbereich gibt es in diesem Moment nicht mehr. Selbst die Brückenoffiziere und Matrosen, die seit mehr als 25 Jahren auf Expeditonsschiffen arbeiten, stehen mit an Deck und können es kaum fassen. Das soll schon etwas heißen, bei derartig erfahrenen Seeleuten, die eigentlich schon alles erlebt haben.

Eigentlich war für den Vormittag eine Anlandung auf Shingle Cove geplant, aber dieser Teil der Insel lag im dichten Nebel. „Sinnlos“, sagte der Kapitän und steuerte kurzerhand den Sunshine Gletscher an, der seinem Namen alle Ehre machte. Die Zodiacs wurden zu Wasser gelassen und wir machten spontan ein Cruising entlang des riesigen Gletscher, der an dieser Stelle seine ganze Pracht im Sonnenlicht zeigte. Es ist ein eine grandiose Rundfahrt, und der perfekte Einstieg in die Antarktis.

Den restlichen Tag verbringen wir auf See.

07.-08. Februar 2023 - Betreten des Kontinents

Unser Ziel ist Elefant Island, was uns wieder zur Shakelton Expedition zurück bringt. Eigentlich wollten wir mit den Zodiacs entlang der kleinen Pinguin Kolonie vorbeifahren und die Stelle des Lagers von Shakeltons Männern von Nahen sehen, aber treibendes Eis und böiger Wind machten uns einen Strich durch die Rechnung. So blieb nur der Blick von Deck, aber auch von weitem war der Ort einfach unwirklich. Unfassbar, dass die Männer dort 137 Tage ausharten bis Rettung kam. Heute steht dort nur noch ein kleines Denkmal, was man per Fernglas erkennen kann.

Auch der Nachmittag verläuft nicht nach Plan. Elefant Island ist uns an keiner Stelle wohl gesonnen und nirgendwo ist eine Anlandung möglich. Kurz bevor wir die Südspitze der Insel erreichen, treffen wir auf einen Eisgürtel, bestehend aus kleinen Eisblöcken und viel „Eissuppe“. Unser Kapitän nimmt Kurs darauf, und zum ersten Mal auf dieser Reise haben wir Kontakt mit Eis auf dem Meer. Immerhin ein kleines Natur Highlight an diesem Tag.

Am Abend gibt es meiner Meinung nach den spannendsten Vortrag der Reise (ohne die Leistungen der übrigen Experten zu schmälern), aber als Physikerin Dr. Raffaela Busse lebhaft von ihrem Forschungsjahr am Südpol berichtet sind die Gäste einfach nur fasziniert.

Mittwoch, 8. Februar 2023 wir betreten das erste Mal den 7. Kontinent

Wir sind längst in der Antarktis angekommen. Die Temperaturen sinken fast auf den Nullpunkt, Kapsturmvögel begleiten uns Tag und Nacht, und auch kleine und große Eisschollen passieren unser Schiff. Der Tag empfängt uns mit den ersten (Tafel-)Eisbergen, die uns daran erinnern, dass wir in der Antarktis unterwegs sind. Leider erschweren uns Nebel und Graupel die Sicht. Wir bahnen uns den Weg durch den ANTARCTIC SOUND.

Unser Stop ist „Brown Bluff“. Von weiten denkt man im ersten Moment an Felsformationen aus Westernfilmen. Braune Klippen ragen am Ufer empor. Die Hänge steigen steil an, bis zu einer 500 Meter hohen senkrechten Klippe. Sie ist Teil eines ehemals großen Vulkans, der vor mehr als einer Millionen Jahre entstand. Das gelb-braune Gestein, das daraus resultiert, gibt dem Felsen seinen Namen.

Wir besuchen eine Eselspinguin Kolonie, sehen aber auch viele Adelie Pinguine. Auch wenn wir bis dahin schon sehr, sehr viele Pinguine und Arten gesehen haben, wird es doch nicht langweilig. Jeder Ort ist auf seine Art und weise magisch und außerdem befinden wir uns hier zum ersten Mal nicht mehr auf einer Insel, sondern tatsächlich auf dem 7. Kontinent – der Antarktis.

Der tierische „Star“ an diesem Tag ist allerdings das gefürchtetste Raubtier der Antarktis. Dem Strand vorgelagert, liegt ein Riff, vor dem mehrere Seeleoparden patrouillieren. Sie haben es auf die Pinguine abgesehen, die ihnen regelrecht in den Mund zu schwimmen scheinen. Mehrmals können wir beobachten, wie sie immer wieder auf die Wasseroberfläche geschlagen werden, um an Blubber und Fleisch zu gelangen. Der restliche Kadaver wird dann bereitwillig den Skuas, Dominikanermöwen und Riesensturmvögeln überlassenen. Ganz am Ende der Kette steht dann der Weißgesichtscheidenschnabel, der die Reste abnagen darf, die er am Ufer findet. Am Strand sehen wir mehrere Gerippe liegen: das Fell auf links gedreht, nacktes Skelett und intakte Füße. Der Täter kann nur ein Seeleopard gewesen sein.

Auch die Zodiakfahrer machen mit ihnen Bekanntschaft. Dieses gefährliche Raubtier scheint sich brennend für die schwarzen Gummiboote zu interessieren. 2 Boote fallen den neugieren Tieren zum Opfer, die einfach mal einen kräftigen Probebiss ins Gummi gemacht haben. Gut, dass es mehrere Luftkammern bei solchen Booten gibt und die Luft eine ganze Weile braucht, bis sie entweicht. Die Mannschaft auf dem Zodiak-Deck hat an diesem Abend auf jeden Fall das ein oder andere Loch zu flicken.

Zurück an Bord, können wir uns etwas ausruhen und in Ruhe zu Mittag essen, während die HANSEATIC spirit Fahrt aufnimmt Richtung PAULET ISLAND. Die Insel liegt nicht weit entfernt, und schon von Weitem können wir die vielen, von Pinguinkot rotgefärbten Flächen sehen, die sich über die gesamte Insel zu erstrecken scheinen. Das schwarze Gestein, der typische Wind und die insgesamt unwirkliche Landschaft, wirkt lebensfeindlich. Die Pinguine scheinen sich damit aber pudelwohl zu fühlen, denn die Insel beherbergt eine der größten Adeliepinguin-Kolonie der Antarktis. 2011 zählte man 100 000 Nester. Rechnet man zu jedem Nest zwei Altvögel und ein bis zwei Küken, so halten sich während der Brutzeit 300 000 – 400 000 Tiere dort auf. Von weitem hat man das Gefühl, dass sich die halbe Insel „bewegt“, so voll ist es dort.

Eine Anlandung ist uns wegen zu vieler, brechender Wellen an Land nicht möglich, aber im ruhigeren Bereich bevor die Wellen brachen, ermöglichen es die geübten Zodiacfahrer rund um den Kapitän eine Zodiac Ausfahrt entlang der Küste zu machen und somit doch nach nah dran zu sein. In Anbetracht der Menge an Pinguine, sind manche Gäste gar nicht enttäuscht, dass es nicht an Land geht, denn sehr viele Pinguine, hinterlassen auch sehr, sehr viel Schei …e / Hinterlassenschaften. Und diese Hinterlassenschaften verursachen einen „Duft“ der nicht jedem gut bekommt. Der Expeditionsleiter nannte es Abend humorvoll „Eau de Paulet“

09.-10. Februar 2023 - Ab jetzt gibts nur noch Eis

Tags drauf sind wir morgens bei Yankee Harbour, wobei das Wetter eher mäßig ist. Das eigentlich Highlight des Tages ist aber Deception Island – die Täuschungsinsel

Lange Zeit dachte man, es handle sich einfach um eine ganz normale runde Insel oder Vulkan. Umso erstaunter waren die ersten Seefahrer, als sie eine kleine Einfahrt in diese Insel entdeckten, NEPTUNS BLASEBALG genannt, da es hier im wahrsten Sinne „richtig zieht“

Die Insel ist ein aktiver Vulkan, der sich momentan in einer Ruhephase befindet, wobei ruhig relativ ist. Lange Zeit schlief dieser Vulkan, bis er im Dezember 1967 zu neuem Leben erwachte. Innerhalb der folgenden Jahre entstanden bei kleineren Ausbrüchen neue Schlackenkegel und Risse, die entlang des Kraterrandes zu sehen sind. Aktuell ist der Vulkan ruhig und wird von zahlreichen Messtationen rund um die Uhr bewacht. Wir machen eine Wanderung auf eine Berg und genießen das mondähnliche Panorama.

Ganz mutige Gäste gehen am Ende sogar Baden. Manchmal merkt man die vulkanische Aktivität und das Wasser ist am Ufer deutlich wärmer. Wer die Füße im Sand eingräbt merkt den warmen Boden. Die wenigen Wasserdampfschleier lassen aber bereits erahnen, dass es aktuell sehr wenig Aktivität gibt. Dennoch zähle ich zu den mutigen und begebe mich für ein paar Sekunden in das 2 Grad kalte Wasser. Von vulkanischer Wärme ist keine Spur.

Freitag, 10. Februar 2023 Paradies Bay

Die Paradies Bucht wurde schon von den frühstens Entdecker so genannt, da sie paradiesisch ruhig ist, vor starken Winden schützt und das reinste Eispanorama darstellt. Der wenige Wind kann manchmal ein Besuch der Paradies Bay aber auch unmöglich machen, denn wenig Wind heißt auch wenig Eisbewegung und es kann passieren, dass man gar nicht einfahren kann. Die steilen, fast voll vergletscherte Berghänge, die sich vom Wasser bis über 2 000 Meter hinaufziehen, spiegeln sich im Wasser wider. Eisberge aller Größe liegen still da wie Grabsteine, was diesem Phänomen auch den Namen Eisbergfriedhof verleiht. Wir hatten aber Glück und so begann bereits zur Frühstückszeit eine Zodiac Rundfahrt der Extraklasse durch die gigantische Eiswelt.

Die Natur ist gewaltig, und man fühlt sich wahnsinnig klein vor der endlosen weißen Gletscherwand. Das Highlight sind allerdings die Buckelwale, die schon bald in der Bucht auftauchen, und unsere Boote neugierig beäugen. So hautnah haben die meisten von uns noch nie einen Wal gesehen. Einige Boote müssen regelrecht den Rückwärtsgang einlegen, um den Tieren aus dem Weg zu gehen, die aktiv immer wieder auf uns zuschwimmen, Fluke zeigen, abtauchen, um einen Moment später wieder aufzutauchen. Es scheinen mindestens vier Stück zu sein, die dort in der Bucht ein regelrechtes Festmahl abhalten. Den Höhepunkt erreicht unsere Walbeobachtung, als ein Buckelwal immer wieder aufs Neue seinen Furchensack öffnet, um ihn mit tonnenweise Krill zu füllen. Die Furchen sind klar zu erkennen. Es liegt nur eine kleine Distanz zwischen ihm und unseren Zodiaks. Wir sind sprachlos und können uns kaum losreißen von den faszinierenden Riesen. Dagegen sind die Gletscher doch leicht in den Hintergrund geraten – Die Wale haben ihnen letztendlich die Show gestohlen.

Die Fahrt geht an diesem Tag noch weiter in den Süden. Es wartet der Lemaire Kanal. 15 Kilometer lang und an manchen Stelllen nur 100 Meter breit, trennt er die Insel Booth von der Antarktischen Halbinsel. Majestätsch ragen die steilen Eiswände bis auf über 1 000 Meter hinauf. Blaue Eisabbrüche vor einer alpin-antarktischen Kulisse. All das wirkt nicht bedrohlich, eher hat man das Gefühl, in einem Märchen aus Schnee und Eis gefangen zu sein. Gletscher überdecken die Berge, an denen überall Abbrüche zu erkennen sind. Gegen 16:00 Uhr erreicht HANSEATIC spirit PETERMANN ISLAND. Leider verwehren uns Eis und Schwell eine Anlandung, sodass ein Landgang nicht möglich ist.

Mit PETERMANN ISLAND erreichen wir auch den südlichsten Punkt der Reise und von nun an geht es wieder in Richtung Norden. Am Abend erreichen wir den Neumeyer Kanal.

Der Neumeyer Kanal ist eine 2-4 Kilometer breite und ungefähr 28 Kilometer lange Meeresstraße, die sich südlich an die Gerlache-Straße anschließt. Auch diese Schiffspassage gehört sicherlich zu einer der eindrucksvollsten der Antarktis. Auch hier begegnen wir großen Eisbergen, Eisblöcken und -klötzen, die von den vielen Gletschern und Eisfeldern entlang des Kanals abbrechen. Die steilen Bergflanken ziehen sich über 1 000 Meter hinauf und erreichen mit dem MOUNT FRANCAIS 2 821 Meter

11. Februar 2023 - Cuverville Island und Neko Harbour

Unser letzter Tag im Eis wird nochmal die volle Bandbreite der Antarktis bieten. Wetterumschwünge, Wind, Wellen, Fotopanoramen. Alles an einem Tag und kurzer Zeit. Am Morgen erreichen wir Cuverville Island und der Wind und die Wellen sind deutlich zu spüren. Die Landestelle liegt frei, allerdings sind die Windbedingungen zunächst so, dass der Kapitän eine Stunde abwarten will. Letzendlich geht es doch los und uns erwarten 11.000 Eselspinguine aufgeteilt in mehrere kleine Kolonien entlang des Strandes, aber auch bis hoch hinauf in die Steilwände. Wir können uns kaum vorstellen, wie sie dort hinaufgelangen können – Bergsteiger sind sie also auch, diese Pinguine.

Der Wind hat während des Landgangs stetig zugenommen. Kurz vor dem offiziellem Ende tönt eine Ansage des Kapitäns durch die Funkgeräte des Expeditionsteams, dass die übrigen Gäste langsam, aber zügig zum Schiff zurückkehren sollen. Das Schiff musste schon mehrmals neu ausgerichtet werden, und für die Zodiac-Fahrer war das Fahren kein einfaches Unterfangen mehr. Während ich bereits an Bord bin und halbwegs trocken das stürmische Treiben von Deck aus beobachte, wird es für die letzten Gäste und das Expeditionsteam richtig nass. Die letzten drei Boote können gar nicht mehr am Sidegate anlegen, so dass Zodiaks und die HANSEATIC spirit durch Wind und Welle Schutz auf der Rückseite der Insel suchen müssen. Für die Leute in den Zodiaks ist es eine sehr nasse und eisige Fahrt. Mit jeder Welle kommt eine neue Dusche von oben, und der eiskalte Wind tat sein Übriges dazu. Klatschnass und durchgefroren sind am Ende alle wieder gut an Bord angekommen. Auch das ist Expedition!

Am Nachmittag erreichen wir den letzten Stopp der Reise: Neko Harbour

Ein letztes Mal erleben wir Antarktis pur: Ein ruhiges, fast glitzerndes Meer, Eisberge in allen Größe, steile Felswände und kalbende Gletscher. Im Schneehang können wir die Pinguin-Autobahnen erkennen, die zwischen Berg und Meer entlangführen. Der Ausblick von oben ist fantastisch und im Laufe das Nachmittags sammelt sich immer mehr Eis in der Bucht an, sodass sich die Zodiac Fahrer mit jeder Fahrt eine neue Strecke suchen müssen und teilweise auch wieder umdrehen, weil ihnen das verrückte Eislabyrinth den Weg zugeschoben hat. Auch wenn es am Nachmittag anfängt grau und diesig zu werden, ist es ein toller Abschluss der Reise.

Reiseende - Drake Passage

Die letzten beiden Tage durch die Drake Passage sind alles andere, als dass was man erwartet. „Die Drake“ ist berühmt berüchtigt für die raue See, aber wir haben nahezu „Ententeich“. Am Abend des ersten Seetages gibt es den offiziellen Abschiedsabend der Besatzung mit Chantychor und der Verlosung der künstlerisch gestalteten Seekarte. Als Bonus verkündet der Kapitän, dass aufgrund der guten und ruhigen Überfahrt unser Endhafen Ushuaia bereits am Abend vor der Ausschiffung erreicht wird und wir somit den letzten Reisetag abends in einer Bar oder einem Restaurant in der südlichsten Stadt der Welt verbringen kann. Und genau das habe ich auch getan.

Hiermit endet auch mein Bericht. Natürlich kommen jetzt noch gut 2 Tage Rückweg mit einer Zwischenübernachtung in Buenos Aires und einem zufälligen Flug mit der offiziellen Weltmeister-Maschine der argentinischen Fußball Nationalmannschaft, aber das erzähle ich gerne ein anderes Mal.

 

Bericht: Florian Pfeiffer 

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